Der Transitionsprozess stellt für alle Beteiligten, vor allem für Kinder und Eltern, Herausforderungen dar. In einem zwischen den Kindergärten und der Volksschule erarbeiteten Operationskalender werden nun etliche Maßnahmen umgesetzt, um einen bestmöglichen Übergang vom Kindergarten zur Schule zu gewährleisten.
Beim letzten Besuch der Kindergartenkinder in der Schule wurden mit den SchülerInnen der dritten Klasse Patenschaften geschlossen, um im bevorstehenden ersten Schuljahr eine „große“ Vertrauensperson an seiner Seite zu haben. Gemeinsames Singen in der Klasse sorgte für ein Kennenlernen von „Unterricht“ und festigte die Beziehung zu den Patenkindern.
Beim diesjährigen ersten Teil der Pädagogischen Schuleinschreibung konnten sich die Eltern, während die Schulanfänger-Kinder ihren Aufgaben nachkamen, bei einem „Eltern-Cafe`“ im Foyer der Volksschule gemütlich bei reichlich Kaffee und Kuchen austauschen.
Zwei Mütter der jetzigen Erstklasser-Kinder standen dabei für allfällige Fragen Rede und Antwort.
Dir. Dipl.-Päd. Mario Maier
Transitionen - ein Fremdwort mit zentraler Bedeutung für Kinder, Eltern, PädagogInnen und Lehrkräfte
Transition beschreibt einen längeren Prozess tiefgreifender Umstrukturierung bzw. ein kritisches Lebensereignis im Leben eines Kindes sowie seiner Familie. Transitionen kommen immer wieder vor und bringen häufig eine Verdichtung von Belastungsfaktoren mit sich. Eine Transition erfordert umfangreiche Anpassungsleistungen von allen Beteiligten an die veränderte Lebenswelt auf individueller, interaktionaler und kontextueller Ebene. Eine gut bewältigte Transition stärkt die Transitionskompetenz für künftige Übergänge! Im Laufe eines jeden Lebens hat der Mensch unzählige Übergänge in unterschiedlichen Lebensabschnitten (Wechsel einer Bildungsform, Scheidung, Krankheit, Tod, Umzug,…) zu bewältigen. Wird das Kind bereits in jungen Jahren entsprechend begleitet, unterstützt und gestärkt, kann es auf gelernte und positiv erfahrene Verhaltensmuster in Bezug auf Übergänge zurückgreifen, die die Bewältigung von Transitionen das ganze Leben hindurch beeinflussen. Je besser die Schuleingangsphase bewältigt wird, umso mehr Ressourcen nehmen die Kinder für nachfolgende Transitionen mit.
Transition ist ein sozialer Prozess mit ko-konstruktivem Charakter, das heißt, die Verantwortung für das Gelingen liegt bei allen beteiligten Systemen, aber mit unterschiedlichen Aufgaben (Kind, aber auch Eltern, müssen Übergang bewältigen; Eltern begleiten und unterstützen zudem das Kind beim Transitionsprozess: das Lernen wertschätzen und damit positiv verstärken, Kinder in ihrer Bildungsbiografie unterstützen; PädagogInnen und Lehrkräften kommt eine professionelle Begleitungsrolle zu).
Die Kooperation Kindergarten-Schule liegt in der Diskussion des Bildungsverständnisses, in der Entwicklung einer gemeinsamen Sprache, im Kennenlernen individueller Lernwege, Kompetenzen, Ressourcen und Begabungen, im Abstimmen bzw. Anschließen von pädagogischen Impulsen mit dem Ziel: Schaffung eines gemeinsamen Bildungsraumes; Optimierung der pädagogischen Qualität für die Kinder, Kontinuität, Anschlussfähigkeit und Individualisierung der Lernprozesse.
Je intensiver der Austausch und die Kooperation aller an der Transition beteiligten Bildungspartner – Familie, Kindergarten, Schule, Hort, externe Fachkräfte etc. – ist, umso leichter fällt den Kindern der Eintritt in die Schule und umso besser gelingt die ungestörte Fortsetzung ihrer individuellen Bildungsbiografie. (vgl. Leitfäden zur Grundschulreform: Sprachliche Förderung am Übergang vom Kindergarten in die Grundschule, Charlotte Bühler Institut)
Die Rolle der Schule ist es, an vorhandene Kompetenzen und Begabungen anzuknüpfen und diese auszubauen. Zeichen eines gelungenen Übergangs sind größeres Selbstvertrauen, gute Beziehungen mit anderen Kindern und Erwachsenen, vermehrte Motivation und große Offenheit gegenüber neuen Erfahrungen.
Überforderungen können vermieden werden, wenn Veränderungen langfristig angebahnt, für die Kinder vorhersehbar und verstehbar gestaltet werden und somit als annehmbare Herausforderung und nicht als Bedrohung erlebt werden. Eine sorgfältige und individuelle Transitionsbegleitung und –beobachtung beginnt daher lange vor Schuleintritt und reicht auch über die ersten Tage und Wochen in der Schule hinaus, sie kann frühestens gegen Ende der ersten Klasse als weitgehend abgeschlossen betrachtet werden. (vgl. Griebel & Niesel, 2002)
Das Kind ist ein kompetentes Schulkind geworden, wenn es sich in der Schule wohlfühlt, die gestellten Anforderungen bewältigt und Bildungsangebote für sich nutzt. Ergebnisse aus der Forschung bestätigen einen positiven Effekt der Kooperation zwischen Kindergarten und Schule auf den Lernerfolg in der Schule.
Im Rahmen der Schuleinschreibung NEU (Feststellung des Entwicklungsstandes bzw. –fortschrittes des Kindes mittels Übergangs-Portfolio aus dem Kindergarten) braucht es den Blick auf das ganze Kind, auf motorische, sprachliche, kognitive, motivationale und sozial-emotionale Entwicklungsbereiche. Ziel ist keine frühzeitige Selektion, sondern eine prozessorientierte ganzheitliche Erfassung der individuellen Voraussetzungen eines Kindes unter Berücksichtigung der jeweiligen Kontextbedingungen seiner Entwicklung, um diese Informationen für eine ressourcenorientierte Förderung in der Volksschule weiter nutzen zu können. Dies impliziert eine evidenzbasierte Transition, bei der Schule und elementare Bildungseinrichtung in Kooperation aufmerksam auf die Entwicklung und das Lernen des einzelnen Kindes blicken. (vgl. Leitfäden zur Grundschulreform: Schülerinnen/Schülereinschreibung NEU, Charlotte Bühler Institut, 2. erw. u. akt. Auflage)
Konventionelle Schuleinschreibungen bzw. Schulreifefeststellungen sind nur Momentaufnahmen, wenig aussagekräftig bezüglich des Entwicklungsstandes des Kindes zu einem späteren Zeitpunkt und für anschlussfähige Bildungsprozesse weitgehend unbrauchbar. Es fehlt ein ganzheitliches Verständnis des kindlichen Entwicklungsstandes und Entwicklungsfortschrittes.